Anders/ Gehle – Das Assessorexamen im Zivilrecht

Monika Anders, Burkhard Gehle
Das Assessorexamen im Zivilrecht

Der erste Tag in einer neuen Welt, dem Referendariat ist angebrochen und die bange Frage, welche Lehrbücher nun angeschafft werden müssen, steht im Raum. Nun gibt es auf diese Frage je nach Bundesland und Arbeitsgemeinschaftsleiter und Ausbilder gewiss unzählige verschiedene Antworten, aber es gibt auch Klassiker, die wohl jedem Referendar begegnen werden. Nicht immer sind diese Klassiker unumstritten, behauptet doch so mancher Referendar, dass einzelne Werke nur mangels adäquater Konkurrenz einen derartigen Zuspruch hätten. Ob dieser Vorwurf auch auf eines der Standardwerke für die Zivilgerichtsstation, nämlich das Lehrbuch „Das Assessorexamen im Zivilrecht“ der Autoren Anders und Gehle zutrifft, dass werden wir im Folgenden genauer untersuchen.

Schon ein Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart, dass hier bis in die Tiefen des Zivilprozessrechts vorgedrungen wird. Ob damit noch den Anforderungen an ein Lehrbuch genügt wird oder ob es doch eher zu einem Nachschlagewerk verkommt, die Frage bleibt zunächst spannend. Schon nach kurzem Einlesen stehen zwei Dinge fest. Einerseits ist die Schrift zwar nicht unleserlich klein, aber dennoch dürfte sie gerne ein wenig größer sein, was gerade angesichts der Fülle von Informationen, die vermittelt werden, dem Lesefluss deutlich zu Gute käme, andererseits entkräftet der Stil der Autoren schnell die Befürchtung es hier mit einem Dinosaurier zu tun haben. Flüssig und verständlich geschrieben und durch – in gesonderten Textkästen herausgestellte – Beispiele und weiterführende Hinweise findet man schnell den Einstieg.

Man sollte allerdings schon über ein gewisses Vorwissen zum Zivilprozessrecht verfügen, bevor man sich an dieses Lehrbuch heranwagt, denn so umfangreich das Inhaltsverzeichnis ist, so anspruchsvoll ist die Darstellung. Wer also bei kritischer Selbsteinschätzung zugeben muss, das Zivilprozessrecht bislang eher als von sich ferngehalten zu haben, der dürfte jedenfalls zu Anfang überfordert sein. Wer hingegen auf einem soliden Wissensstand aufbauen kann, der wird hier in ungeahnte Tiefen des Zivilprozessrechts vorstoßen und keine Frage unbeantwortet finden. Darin liegt auch das eigentliche Dilemma dieses Werkes. Als Lehrbuch zweifellos hervorragend, verlangt es einen erheblichen Zeitaufwand bei der Durcharbeitung und ist dabei nicht immer ganz so frisch strukturiert, wie einige Konkurrenzwerke. Insofern ist die schnelle Wiederholung des Zivilprozessrechts und der verschiedenen Klausurtypen mit diesem Werk ein wenig erschwert. Wer also eher nach einer Schritt für Schritt Einführung sucht, die anspruchsvoll ist, den Leser aber zugleich an die Hand nimmt, wird hier nicht unbedingt glücklich werden. Ambitionierte Referendare hingegen, die sich in Sachen Lernpensum einiges zutrauen und sich möglichst breitgefächert aufstellen möchten, werden hier so was wie den heiligen Gral finden.

Somit kann die Ausgangsfrage salomonisch beantwortet werden. Ganz sicher nicht zu Unrecht ein Klassiker und Standardwerk, aber auch gewiss nicht der Heilsbringer jedes Referendars. Probelesen ist Pflicht, der Kauf von den eigenen Bedürfnissen abhängig zu machen. Gleichwohl sollte eines nicht übersehen werden: Einfach ist das Zivilprozessrecht in keinem Fall, egal mit welchem Werk man sich ihm nähert.

[rating:4.5]