BAföG-Regelung in der Examenszeit
Liebe Kommiliton*innen,
obwohl wir Studierende selbst bei Wahrnehmung des so genannten „Freiversuchs“ aufgrund der langen Korrekturzeiten in der Regel zehn Semester benötigen, um die letzte Prüfung des ersten Staatsexamens abzuschließen, erlöschen die Ansprüche auf BAföG bereits mit Ablauf des neunten Semesters. Schon die schriftlichen Prüfungen des ersten Staatsexamens werden so oftmals in einer Zeit geschrieben, in denen die Studierende auf keinen vom Staat gewährleisteten Unterhalt zurückgreifen können. Diese sich mit der Freiversuchsregelung in einem Widerspruch befindliche BAföG-Lücke wollen wir schließen. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit der Vertretung der Studierenden der Bucerius Law School eine Initiative gestartet und ein entsprechendes Schreiben an die Senatorin für Wissenschaft, den Justizsenator sowie den jeweiligen Sprecher*innen für Wissenschaftspolitik und Justiz der Hamburger Bürgerschaftsfraktionen SPD, CDU, Die Grünen, Die Linkspartei und die FDP aufgesetzt. Die Initiative wird vom Dekenat unserer rechtswissenschaftlichen Fakultät ausdrücklich unterstützt.
Im Nachfolgenden könnt ihr den Wortlaut der Initiative nachlesen. Wir hoffen damit, eine entsprechende Änderung herbeiführen zu können.
Euer Fachschaftsrat Rechtswissenschaft
Initiative der Hamburger Jurastudierenden zur BAföG-Regelung in der Examenszeit
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach § 3 Abs. 3 des Hamburger Juristenausbildungsgesetzes (JAG) beträgt die Regelstudienzeit des rechtswissenschaftlichen Studiums „neun Semester oder dreizehneinhalb Trimester einschließlich der Prüfungszeiten“. Die Praxis zeigt hingegen, dass Studierende sich aufgrund der Freiversuchsregelung regelmäßig erst im oder nach dem neunten Semester zur staatlichen Pflichtfachprüfung anmelden. Studierende, die in der Regelstudienzeit den universitären Teil des Studiums abgeschlossen haben, verlieren nach der jetzigen Regelung daher für die mehrmonatige Prüfungszeit – derzeit im Durchschnitt 5,81 Monate – ihre BAföG-Ansprüche. Gerade in dieser – teilweise auch bis zu 9 Monate – langen Zeit ist es aufgrund des hohen zeitlichen Aufwandes der Examensvorbereitung für Studierende besonders schwer, ihren Lebensunterhalt durch eine berufliche Tätigkeit selbst zu bestreiten. Werden Studierende hierzu gezwungen, würde dies die Erfolgsaussichten ihres Abschlusses und damit den Sinn und Zweck der jahrelangen Förderung durch das BAföG (Chancengleichheit) torpedieren. Die Freiversuchsregelung des § 26 Abs. 1 S. 1 JAG ermöglicht Studierenden einen Freiversuch, wenn sie sich einen Monat vor Ende der Regelstudienzeit anmelden. Studierende, die sich zu diesem Zeitpunkt anmelden, legen die letzte Prüfung hingegen erst mehrere Monate nach Ende der Regelstudienzeit ab. Selbst wenn also die Studiengeschwindigkeit der Studierenden mit einem Freiversuch nach neun Semestern bzw. dreizehneinhalb Trimestern honoriert wird, entfallen ihre BAföG-Ansprüche während der Prüfungszeit.
Diese Realität steht somit in einem massiven Widerspruch zu den Freiversuchsregelungen des § 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4 JAG. Die Verknüpfung der Regelstudienzeit iSd BAföG mit der Anmeldung zum sog. Freiversuch ist nicht sachgerecht und geht in den meisten Fällen an der Ausbildungspraxis vorbei. Denn es ist nicht zu erwarten, dass sich Prüflinge bereits vor Ablauf der Freiversuchsfrist zum staatlichen Teil der ersten Prüfung anmelden. Diese den Studierenden unzumutbare Regelung kann nur durch eine Änderung des JAG behoben werden. Eine ggf. anders lautende Regelung im Rahmen der Studienordnung an der Fakultät hätte diesbezüglich keine Auswirkungen. Um diesen Widerspruch zwischen Gesetzeswortlaut und Praxis zu beheben, regen wir – mit ausdrücklicher Unterstützung sowohl des Dekanats als auch des Fakultätsrats der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg – eine Änderung des Gesetzes durch die Hamburgische Bürgerschaft an. Eine hierfür in Betracht kommende Formulierung lautet: „Die Regelstudienzeit beträgt neun Semester oder dreizehneinhalb Trimester zuzüglich der Prüfungsdauer des staatlichen Teils der ersten Prüfung“.
Wir würden uns freuen, wenn Sie zu dieser Problematik Stellung nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Uffelmann, Kilian Ertl und
Janwillem van de Loo für den Fachschaftsrat Rechtswissenschaft
der Universität Hamburg
Janis Beckedorf, Yasar Ohle und Lale
Meyer für die Studierendenvertretung der Bucerius
Law School