Packende Prozesse – Kritische Reflexion aktueller Rechtsanwendung

Hey Ihr Lieben!

Wir laden Euch ganz herzlich zu unserer Veranstaltungsreihe dieses Semester ein! An insgesamt vier Terminen haben wir eine Anwältin oder einen Anwalt eingeladen, die uns von aktuellen Prozessen berichten und mit uns über diese diskutieren. Einen Vortrag gab es schon, drei stehen noch aus. Kommt vorbei, wir freuen uns auf Euch!

Die nächsten anstehenden Termine sind diese:

13.11. Oury Jalloh – How to get away with murder
28.11. G20 – ein Festival der Demokratie?
11.12. Menschenrechte vs CIA Gefängnisse in Europa

Sie alle finden 18 Uhr im Rechtshaus Hörsaal statt. Lest weiter für nähere Informationen zu den jeweiligen Veranstaltungen!

OURY JALLOH – HOW TO GET AWAY WITH MURDER

Oury Jalloh ist am 7. Januar 2005 in Polizeigewahrsam gestorben. Er verbrannte in einer Zelle auf der Dessauer Polizeiwache Wolfgangstraße 25. Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz sind sich einig: Oury Jalloh hat Selbstmord begangen.
Obwohl seine Hände gefesselt, sein Körper auf einer mit einem feuerhemmenden Material überzogenen Matratze fixiert war und er vor dem Gewahrsam gründlich durchsucht wurde – ohne dass ein Feuerzeug gefunden wurde, halten die Behörden weiterhin an ihrer Fassung der Geschichte fest.

Unabhängige Gutachter und die Nebenklage hegen daran große Zweifel. Sie gehen von einem Fremdeinwirken aus. Jemand Drittes muss den Körper von Oury Jalloh mit einem Brandbeschleuniger übergossen und angezündet haben, andernfalls seien das extreme Ausmaß der Verbrennungen nicht zu erklären. Aktivist*innen, die sich jahrelange für eine Neuaufnahme der Ermittlungen im Fall Oury Jalloh eingesetzt haben, sind sich einig und proklamieren, auch in unserer Stadt: „Oury Jalloh – ermordet von deutschen Polizisten“.

Der Todesfall von Oury Jalloh und die bisherige juristische Aufarbeitung sind mit vielen Widersprüchen und Ungereimtheiten verbunden, sodass auch über 13 Jahre nach seinem Tod noch keine zufriedenstellende juristische Aufklärung stattgefunden hat.

Wir laden euch ein zusammen mit der Rechtsanwältin Gabriele Heinecke, einer Vertreterin der Nebenklage, die die Interessen der Familie Jalloh vor Gericht vertritt, den offen Fragen nach-zugehen. Sie wird für uns die Geschichte des Prozesses nachzeichnen und vom status quo der Neuaufnahme der Ermittlungen berichten.

G20 – EIN FESTIVAL DER DEMOKRATIE

Ein Festival der Demokratie, so hatte SPD Innensenator Andy Grote den G20 Gipfel im Juli 2017 in Hamburg angekündigt.
Durch den Einsatz von ca. 31.000 Polizist*innen sollte ein möglichst reibungsloser Ablauf des Großevents gewährleistet werden, bei dem sich die Regierungschef*innen von zwanzig Industrie- und Schwellenländern trafen.
Tatsächlich gab es großflächige Demonstrationsverbote, den Ausschluss unliebsamer Journalist*innen und Gewalt durch die Polizei.

Alexander Kienzle, Rechtsanwalt und Mitglied im G20 „Legal Team“, erklärt uns, was die rechtsanwaltliche Tätigkeit bei einer solchen Großveranstaltung bedeutet und bewirken kann. Zudem berichtet er von einigen G20 Folgeprozessen. Diese haben sich häufig durch ein hohes Strafmaß oder eine lange Untersuchungshaft hervorgetan.

Allein im Jahr 2018 waren über hundert Prozesse gegen mutmaßliche “G20 Randalierer” geplant. Im Gegensatz dazu gab es zwar auch über hundert Ermittlungsverfahren gegen Polizist*innen, zumeist wegen Körperverletzung im Amt. Allerdings kam es hier noch zu keinem einzigen Prozess. Dies wirft die Frage auf inwieweit die Polizei in der Lage ist gegen sich selbst zu ermitteln.

Diese und weitere Fragen möchten wir im Anschluss an seinen Vortrag mit Alexander Kienzle diskutieren.

MENSCHENRECHTE VS CIA GEFÄNGNISSE IN EUROPA

Eine Bestandsaufnahme nach 70 Jahren der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

Am 10. Dezember 1948 wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Die Vereinten Nationen haben mit dieser Erklärung für alle Menschen weltweit zum Ausdruck gebracht, dass sie frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind. Die Verwirklichung der Menschenrechtscharta ist als zu erreichendes Ideal formuliert um den Menschen ein Leben in Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden zu ermöglichen. Die dort erklärten Menschenrechte fanden seitdem Eingang in internationale Vereinbarungen, völkerrechtlich bindende Konventionen und nationale Verfassungen – sie selbst bleibt jedoch ohne rechtlich bindende Wirkung.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verbietet Folter, erniedrigende Strafen und die willkürlichen Festnahme, sie spricht das Recht auf einer gerechtes Verfahren vor einem unparteiischen Gericht zu und garantiert den Grundsatz, dass jede/r als unschuldig gilt solange die Schuld gemäß dem Gesetz nicht nach nachgewiesen ist.
Doch auch noch 70 Jahre später werden diese grundlegenden Rechte verletzt. So verurteilte in diesem Jahr der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Litauen und Rumänien wegen eines Verstoßes gegen das Folterverbot. Die beiden Länder kooperierten mit dem US – Geheimdienst CIA und verstießen damit gegen die europäischen Menschenrechtskonventionen.

Von 2002 bis 2006 saß der aus Bremen stammende türkische Staatsbürger Murat Kurnaz ohne Anklage in Guantanamo. Sein damaliger Anwalt Bernhard Docke gibt einen Einblick in seinen Fall, in die diesjährige Entscheidung des EGMR und skizziert das rechtliche Konstrukt des Gefangenenlagers in Guantanamo.

Prof. Dr. Jeßberger stellt sich der Frage nach der internationalen Strafverfolgung. Als einschlägige Institution ist neben dem EGMR der internationale Strafgerichtshof (IStGH) zu nennen. Dieser verfolgt Tatbestände des Völkermords, von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ihm sind mehr als die Hälfte der Staaten weltweit bereits beigetreten, jedoch umschließt seine Gerichtsbarkeit nicht die größten und bevölkerungsreichsten Staaten wie z. B. die USA oder China.