Bürgerschaftswahl, BAföG und JAG
Morgen sind die Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft. Dabei geht es auch für uns Jura-Studierende um einiges: Während an den meisten anderen Fakultäten die Ausgestaltung des Studiengangs weitgehend in der Hand des jeweiligen Fakultätsrats liegt, sind ihm bei uns gesetzlich enge Grenzen gesetzt. Welche das sind und was wir beispielsweise auf Landesebene erreichen können lest ihr im Folgenden.
(Urs Tabbert, justizpolitischer Sprecher der SPD Bürgerschaftsfraktion und vom FSR: Max Schrader, Janwillem van de Loo, Esther Witt, Deborah Hachmeister und Manal Soussi)
Gesetzliche Grundlagen
Die Grundlagen der Juristischen Ausbildung werden durch §5 DRiG Bundesweit festlegt. Doch dieser bietet nach der Reform von 2003 durch die damalige Rot/Grüne Bundesregierung, die u.a. erstmals die Schwerpunktbereiche einführte, dem Landesrecht einige Spielräume. In Hamburg heißt es daher für uns als FSR, dass wir durch Änderungen am Hamburger Juristen Ausbildungsgesetz (JAG) konkrete Verbesserungen erreichen können. So gesehen ist die Wahl am Sonntag auch eine Wahl über unseren „großen Fakultätsrat“ ;) Eure Beteiligung ist also wichtig! Um dort einen Eindruck zu bekommen und etwas zu bewegen sind wir als euer FSR Aktiv geworden:
Besuch in der Bürgerschaft
Letzte Woche waren deswegen einige von unseren FSR-Mitgliedern beim justizpolitischen Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Urs Tabbert zu Besuch, um uns für eure Anliegen einzusetzen. Wir folgten seiner Einladung und hatten viele Fragen zur juristischen Ausbildung im Gepäck.
Konkret ging es zum Beispiel um § 3 des Hamburger Juristenausbildungsgesetzes (JAG), wonach die Regelstudienzeit des rechtswissenschaftlichen Studiums neun Semester einschließlich der Prüfungszeiten beträgt. Dies führt nun allerdings dazu, dass Studierende aufgrund der langen Prüfungsdauer im Rahmen des ersten Staatsexamens (knapp 7-8 Monate) nach Ablauf des neunten Semesters Ansprüche auf BAföG verlieren; also in einer Zeit, in der die Konzentration auf das Studium am wichtigsten ist und die Studierenden die Förderung daher am meisten brauchen. Daher regen wir eine Änderung jener Regelung an, welche noch von 2003 aus Zeiten des CDU/FDP/Partei Rechtsstaatlicher Offensive (Schill-Partei) Senats stammt. Gerechter Weise müsste es heißen: „Die Regelstudienzeit beträgt neun Semester zuzüglich der Prüfungsdauer des staatlichen Teils der ersten Prüfung“.
BAföG in Jura sozial gerechter machen
Alles andere steht unserer Meinung nach in einem Widerspruch zu den Freiversuchsregelungen des § 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4 JAG, wonach der Freiversuch zu gewähren ist, wenn sich ein Prüfling einen Monat vor Ablauf des neunten Semesters zu dem staatlichen Teil der ersten Prüfung anmeldet. Nach Meinung der von uns gefragten Professorinnen und Professoren und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch des Justizprüfungsamtes selbst, kann von einem Prüfling nicht erwartet werden, dass er sich bereits vor Ablauf der Freiversuchsfrist zum staatlichen Teil der ersten Prüfung anmeldet. De facto führt die aktuelle Gesetzeslage dazu, dass BAföG-empfangende Jurastudierende schneller studieren müssen als alle anderen angehenden Juristinnen und Juristen, um nicht in ein „Finanzierungsloch“ zu fallen und sich mit einem Studienkredit verschulden zu müssen.
Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus. Die große Koalition in Berlin hat eine Stärkung des BAföGs gebracht. So wurden die Förderungssätze erhöht und vor allem die gesamte Finanzierung auf den Bund umgelegt. Jetzt muss in Hamburg nachgezogen werden und das sozial ungerechte „Finanzierungsloch“ im Jurastudium beseitigt werden. Davon ließ sich Herr Tabbert gerne überzeugen, er teilte unsere Einschätzung vollständig. Er versprach uns, das Thema mit in den Justizausschuss zu nehmen und auf eine Gesetzesänderung hinzuwirken. Ansonsten wäre auch eine Weisung der Wissenschaftsbehörde ans BaföG-Amt denkbar. Dies wäre allerdings leichter widerruflich, weswegen aus unserer Perspektive die Gesetzesänderung vorzuziehen ist. Insgesamt sind wir nach dem Gespräch vorsichtig optimistisch, dass sich in dieser Sache endlich was bewegen wird. Ein Beispiel jedenfalls worum es bei der Wahl am Sonntag auch geht.
Justizpolitik in Hamburg
Während des Gesprächs berichtete Herr Tabbert von seiner bisherigen Tätigkeit als justizpolitischer Sprecher. Insbesondere war er an einigen Umstrukturierungen der Strafvollzugsanstalten beteiligt, die während der Amtszeit der CDU/Schill Regierung massiv ausgebaut wurden, wobei wissenschaftliche Erkenntnisse zum Strafvollzug missachtet wurden. Dies wird nun teilweise zurückgenommen. Diskutiert haben wir auch über die Frage, ob die SPD immer konservativer werde. Kritik kam von uns vor allem zur Politik gegenüber der Gruppe Lampedusa und den Gefahrengebieten. Für einige Bereiche stimmte Herr Tabbert dem zu, andererseits hob er auch fortschrittliche Projekte hervor, insbesondere die Gleichstellung, vor allem im Bezug auf Frauen und Homosexuelle. So würde die verbindliche Geschlechterquote von 40%, die der Senat für alle öffentlichen Gremien und Unternehmen eingeführt hätte ,große Wirkung zeigen.
Auch konnten wir uns über die Grundlagen der juristischen Ausbildung unterhalten, der Herr Tabbert als langjähriger AG-Leiter an unserer Fakultät sehr verbunden ist. Er teilte unsere Skepsis gegenüber der „Bachelorisierung“ des Studiums und unsere Begeisterung für die Ideen der einphasigen juristischen Ausbildung (Reformstudiengang Jura II).
Im Anschluss besuchten wir als Zuschauerinnen und Zuschauer die gerade laufende Bürgerschaftssitzung. Die heftige Debatte zwischen Dora Hayen (LINKE), Katja Suding (FDP), Dr. Martin Schäfer (SPD), Jens Kerstan (GRÜNE) und Birgit Stöver (CDU) zu den Asklepios Kliniken beeindruckte uns sehr! Ein Besuch in der Bürgerschaft lohnt sich; vor allem aber lohnt es sich am Sonntag, den 15.02 wählen zu gehen!
Am besten ihr informiert euch selber:
Unser AStA hat in Zusammenarbeit mit der Landes-AStAn Konferenz (LAK) eine Broschüre zusammengestellt, die ihr unbedingt lesen solltet:
http://www.asta-uhh.de/veroeffentlichungen/wahlpruefsteine-landes-asten-konferenz.html
Außerdem informiert die Stadt auf http://du-bist-entscheidend.de/